Freitag, 24. April 2020
Sprunganalysen im Verein – Basis einer Kooperation
Dr. Oliver Ludwig
Bewegungs- und Haltungsanalysen sind im sportlichen Kontext sinnvoll, weil sie helfen können, Verletzungen zu vermeiden und die sportliche Leistungsfähigkeit zu verbessern. Verletzungen des Kniegelenks zählen in vielen Sportarten, darunter auch im Fußball, zu den häufigsten und schwersten Verletzungen. Vor allem die Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) trifft einen Sportler schwer: in der Regel vergeht über ein halbes Jahr, bis er wieder in seinen Sport zurückkehren kann.
Interessanterweise passieren die meisten VKB-Verletzungen ohne Einwirkung eines Gegenspielers. Typischerweise verhakt sich der Fuß im Boden, das Kniegelenk dreht in der Beugung nach innen und der Bewegungsimpuls schiebt die Gelenkstruktur nach vorne. Man bezeichnet diese Kombinationsbewegung als „dynamischen Knie-Valgus“.
Es ist bekannt, dass vor allem Ermüdung und die damit verbundene schlechtere neuromuskuläre Kontrolle diese Fehlbewegung begünstigen. Positiv gesehen bedeutet dies aber auch, dass über eine entsprechende vorbeugende Diagnostik und ein individuelles Training die Knieachse in den beschriebenen Bewegungen stabilisiert werden kann.
An dieser Stelle können Orthopädietechniker, Physiotherapeuten und Sportwissenschaftler einen wertvollen Beitrag leisten. Einfache Screening-Tests wie der „Single Leg Drop Jump“, bei dem der Sportler beidbeinig von einem Hocker abspringt, aber nur auf einem Bein landet, geben hier wertvolle Aussagen. Dazu können in einzelnen Phasen der Sprunglandung mit einer Videoanalysesoftware (z.B. Dartfish®) die relevanten Winkel ausgemessen werden. Der Vergleich mit Referenzwerten, aber auch intra-individuell zwischen rechter und linker Seite, hilft dann, mögliche Verletzungspotentiale zu erkennen. Aber nicht nur präventiv lassen sich wertvolle Aussagen treffen, auch sportartspezifische Vorteile kann der Sportler erwarten. Wird beispielsweise beim Fußball das Standbein sehr stabil gehalten, dann kann das Schussbein präziser arbeiten, Pässe kommen genauer an.
Über diese Analysetechniken kann der Gesundheitsdienstleister ein wertvoller Partner für Sportvereine werden und die Tür für dauerhafte Kooperationen öffnen.
Ausgehend von diesen Überlegungen haben der Autor und sein Team ein Seminarkonzept ausgearbeitet, das mit 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
quasi „am Ort des Geschehens“ umgesetzt wurde. Im DFB-Nachwuchsleistungszentrum des Fußballvereins SV 07 Elversberg lernten die Seminarteilnehmer ganz praxisnah, solche Sprunganalysen
durchzuführen. Dazu gehörte das richtige Kleben von Markerpunkten, die genauen Instruktionen an die Sportler, die richtige Datenerfassung, die Auswertung mit Dartfish® und danach die korrekte
Interpretation. Ergänzend wurde auch Haltungsanalysen betrachtet, die für fast alle Vereine, sei es im Jugend- oder im Aktiven-Bereich von großem Interesse sind. Durch die Wahl der
Seminarumgebung konnten die Teilnehmer einen guten Einblick in reale und funktionierende Kooperationsmodele erhalten. Das Überwinden der Hemmschwelle, sich mit einem Analyseangebot an Vereine zu
wenden und Messungen außerhalb des eigenen Labors vor Ort zu machen, ist der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg einer Kooperation zwischen Gesundheitsdienstleister und Verein.
Das nächste Seminar findet statt am 24. April 2020, erneut in Zusammenarbeit mit dem Fußball-Nachwuchsleistungszentrum Elversberg.
SEMINARBESCHREIBUNG
Das Best-Practice-Seminar findet statt in Kooperation mit :
Dr. Oliver Ludwig
Steven Simon, M.Sc. Sportwissenschaft
Stephan Becker, M.Sc.